Es gibt Momente, in denen Du spürst, dass Dein Tier etwas braucht – aber keine Medizin, keine Nadeln, keine Geräte. Sondern einfach nur Deine Hände. Eine Berührung, die mehr ist als Streicheln: ruhig, bewusst, verbindend. Genau das ist die therapeutische Akupressur. Sie ist eine der sanftesten, zugleich aber wirkungsvollsten Methoden der Traditionellen Chinesischen Medizin für Tiere (TCVM), um Blockaden zu lösen, den Energiefluss (Qi) anzuregen und Körper, Geist und Emotionen wieder in Einklang zu bringen.
In diesem Beitrag zeige ich Dir Schritt für Schritt, wie Du präzise, achtsam und mit innerer Klarheit akupressierst – so, dass Du Dein Tier weder überforderst noch unterstimulierst, sondern seine Selbstregulation unterstützt. Ich erkläre Dir, wie Du Punkte findest, den richtigen Druck wählst, und warum das „Wie“ oft wichtiger ist als das „Wo“.
Inhalte
Die Kunst der Berührung – warum Akupressur mit den Fingern so besonders ist
Ich arbeite beim Hund grundsätzlich ohne Hilfsmittel. Es gibt viele Akupressurstifte oder Geräte, die mit Druck oder Vibration arbeiten, doch sie schaffen immer eine Distanz zwischen Dir und dem Tier. Ich möchte aber spüren, was im Gewebe passiert – das Nachgeben der Muskulatur, das Pulsieren unter den Fingern, die subtile Veränderung im Atemrhythmus. Nur so bleibe ich im Kontakt mit dem Tier und kann wahrnehmen, wann die Energie anfängt zu fließen.
Mit Deinen Fingern spürst Du nicht nur, wie stark der Druck ist, sondern auch, ob das Gewebe Spannung aufbaut oder loslässt. Diese Rückmeldung ist unbezahlbar. Sie leitet Dich präziser, als es jedes Tool je könnte. Akupressur ist Kommunikation. Es ist ein stiller Dialog, bei dem Du lernst, auf feinste Signale zu hören.
Ich möchte Dir daher Mut machen, Deine Hände als Dein wichtigstes Werkzeug zu begreifen. Nicht die Technik steht im Vordergrund, sondern das Fühlen. Wenn Du verstehst, dass Akupressur nichts ist, was Du „machst“, sondern etwas, was Du „geschehen lässt“, öffnet sich eine ganz neue Ebene des Arbeitens.
Vorbereitung – der Rahmen entscheidet über die Wirkung
Bevor Du überhaupt beginnst, sollte die Atmosphäre stimmen. Wähle einen ruhigen Ort, an dem sich Dein Hund sicher fühlt. Achte darauf, dass der Boden nicht rutschig ist, und dass Du selbst bequem sitzt oder kniest. Kalte Hände sind tabu – nimm Dir ruhig einen Moment, um Deine Finger zu wärmen. Deine innere Ruhe überträgt sich direkt auf Dein Tier.
Atme einige Male tief durch, bevor Du beginnst. Entspanne Deine Schultern, lasse Deine Gedanken ruhiger werden. Dein Tier spürt sofort, wenn Du hektisch oder unkonzentriert bist. Der Zustand, in dem Du Dich befindest, bestimmt die Qualität Deiner Berührung. Wenn Du ruhig bist, wird Dein Hund ruhiger. Wenn Du Dich auf ihn einlässt, wird er vertrauen.
Bevor Du den Punkt berührst, lege Deine Handfläche für einen Moment flächig auf den Bereich. Warte, bis Du spürst, dass sich die Körperoberfläche leicht anpasst oder Dein Hund einen Atemzug tiefer nimmt. Erst dann beginne, mit einem Finger in den Punkt hineinzugehen.
Der richtige Druck – von kraftvoll bis federleicht
Der Druck hängt immer davon ab, wo Du arbeitest. In der Muskulatur darf er ruhig etwas fester sein, denn hier musst Du die tieferliegenden Strukturen erreichen. Entlang der Zustimmungspunkte am Rücken (auch Shu-Punkte genannt) arbeite ich häufig mit dem Daumen. Ich sinke langsam in das Gewebe, halte den Druck für 60 bis 120 Sekunden und beobachte. Häufig zeigt mir der Hund sehr deutlich, wann genug Energie geflossen ist. Manche atmen tiefer, andere lecken sich über die Nase oder legen sich einfach hin.
An feineren Strukturen – etwa am Vorderbein – sieht das ganz anders aus. Der Punkt Lunge 7, der direkt auf dem Knochen liegt, verlangt eine ganz andere Qualität. Hier wäre fester Druck unangenehm. Stattdessen arbeite ich mit einer feinen, kreisenden Bewegung – im Uhrzeigersinn, wenn ich den Punkt anregen möchte, gegen den Uhrzeigersinn, wenn ich beruhigen will. Dabei bewege ich mich kaum sichtbar, eher wie ein feines „Atmen“ in der Haut.
An knöchernen Arealen genügt oft schon das Gewicht des Fingers selbst. Es geht hier nicht um Kraft, sondern um Kontakt. Du kannst Dir vorstellen, Dein Finger würde sanft „haften“ – wie ein Magnet, der sich von allein anzieht. Diese Berührung ist still, aber unglaublich wirkungsvoll.
Zustimmungspunkte am Rücken – tief und verbindend
Die Zustimmungspunkte liegen beidseits der Wirbelsäule, meist in der Rückenmuskulatur. Sie stehen in direkter Verbindung zu den inneren Organen und werden in der TCVM häufig genutzt, um energetische Disharmonien zu beeinflussen. Wenn Du beispielsweise die Punkte der Leber oder Niere akupressierst, wirkt das sowohl körperlich als auch emotional stabilisierend.
Hier darf der Druck etwas kräftiger sein. Ich arbeite gern mit dem Daumen und lasse den Druck ganz allmählich einsinken. Es ist kein Drücken im herkömmlichen Sinn, sondern eher ein „Hereingleiten“. Ich halte diesen Druck für etwa eine Minute, manchmal auch zwei. Währenddessen kann ich den Punkt leicht massieren – kleine Bewegungen, ganz weich, ohne Hast. Das Tier zeigt mir selbst, wann der Moment kommt, loszulassen.
Wenn Du zwei Zustimmungspunkte gleichzeitig bearbeiten möchtest, kannst Du das wunderbar mit beiden Händen tun. Lege je einen Finger pro Seite auf und halte den Druck symmetrisch. Das erzeugt ein Gefühl von Stabilität und Sicherheit. Häufig beginnt der Hund dann, sich zu dehnen, zu schmatzen oder zu seufzen. Das sind klare Zeichen, dass die Energie wieder fließt.
Feine Strukturen – der Punkt Lunge 7
Der Punkt Lunge 7 liegt an der Innenseite des Vorderbeins, direkt auf dem Radiusknochen. Hier ist Feingefühl gefragt. Wenn Du zu stark drückst, reizt Du die Knochenhaut, was schnell unangenehm wird. Ich nutze hier nur die Fingerkuppe und bewege sie sanft im Uhrzeigersinn, um die Energie leicht anzuregen.
Lunge 7 hat in der TCVM eine starke Verbindung zur Atmung, zur Haut und zur Abwehrenergie (Wei Qi). Wenn Dein Hund leicht gestresst oder nervös ist, kann dieser Punkt helfen, wieder „durchzuatmen“. Arbeite hier besonders ruhig und bewusst. Du wirst merken, dass sich mit der Zeit eine feine Wärme unter Deinem Finger bildet – ein Zeichen dafür, dass sich das Qi bewegt.
Dickdarm 4 – der übergeordnete Schmerzpunkt
Ein weiterer wichtiger Punkt liegt an der Pfote: Dickdarm 4. Du findest ihn in der weichen Schwimmhaut zwischen der ersten und zweiten Zehe. Hier liegt viel feines Gewebe, und entsprechend sanft solltest Du auch hier arbeiten. Ich halte diesen Punkt oft einfach ruhig, ohne viel Bewegung, und lasse meine Aufmerksamkeit in die Region fließen.
In der chinesischen Medizin gilt dieser Punkt als übergeordneter Schmerzpunkt – er bewegt Qi und Blut im gesamten Körper. Natürlich übertrage ich das auf Tiere immer sinngemäß und mit Vorsicht. Ich denke währenddessen daran, wie sich Blockaden lösen, wie Energie wieder durchfließt. Ich stelle mir vor, dass dort, wo vorher Spannung war, nun Weite entsteht.
Gerade hier ist Deine innere Haltung entscheidend. Wenn Du Dich darauf konzentrierst, Schmerzen zu lindern, dann lass auch Deine Gedanken ruhig werden. Energie folgt der Aufmerksamkeit – und Tiere spüren diese innere Klarheit unmittelbar.
Der Yin Tang – der Punkt der Ruhe
Ein besonders schöner Punkt liegt am Kopf auf der Stirn: Yin Tang. Ich nutze ihn, um Nervosität, Unruhe oder Aufregung zu besänftigen. Es ist ein Punkt, der den Shen – also den Geist – beruhigt.
Hier arbeite ich mit einem fast federleichten Druck. Mein Finger „saugt“ sich leicht an, ich bleibe ganz still. Ich denke nicht an Technik, sondern an Ruhe. Ich stelle mir vor, wie sich die Wellen der Gedanken glätten – im Hund und in mir. Manchmal dauert es zwei, drei Minuten, bis sich etwas verändert. Aber dann spüre ich, wie der Atem tiefer wird, die Augen weicher, die ganze Muskulatur lockerer.
Wenn Du am Yin Tang arbeitest, sei selbst so ruhig, wie Du es Dir für Dein Tier wünschst. Dein Zustand überträgt sich direkt. Das ist einer der Punkte, bei denen Du spüren kannst, wie sehr Akupressur auch Selbstregulation für den Behandler bedeutet.
Der mentale Aspekt – Energie folgt Deiner Absicht
Akupressur ist weit mehr als das Drücken von Punkten. Es ist immer auch ein geistiger Prozess. Bevor Du beginnst, frage Dich: Was möchte ich erreichen? Möchte ich beruhigen, bewegen oder Energie geben?
Wenn Du beispielsweise einen Punkt zur Schmerzlinderung akupressierst, konzentriere Dich innerlich auf „Linderung“, nicht auf den Schmerz. Stell Dir vor, wie sich die Spannung löst und Wärme entsteht. Möchtest Du beruhigen, dann werde selbst ruhig. Möchtest Du beleben, dann bleibe innerlich wach und präsent. Diese geistige Ausrichtung prägt die Qualität Deiner Arbeit – und Tiere reagieren unglaublich sensibel auf diese innere Klarheit.
Wie lange, wie oft, in welcher Reihenfolge?
Eine Akupressurbehandlung muss nicht lang sein. Lieber regelmäßig und kurz als selten und zu intensiv. Ich arbeite meist 5 bis 15 Minuten am Stück. Pro Punkt halte ich zwischen 30 Sekunden und 2 Minuten, je nachdem, wie das Tier reagiert.
Fange immer mit den großen, zentralen Punkten an (z. B. entlang der Wirbelsäule) und arbeite Dich dann zu feineren Punkten an Gliedmaßen oder Kopf vor. Wenn Du mehrere Punkte kombinierst, schließe die Behandlung immer mit einem beruhigenden Punkt wie dem Yin Tang ab.
Bei sehr sensiblen oder ängstlichen Tieren kann es hilfreich sein, nur einen einzigen Punkt pro Sitzung zu wählen. Beobachte danach genau, wie Dein Tier reagiert. Oft reichen schon wenige Sekunden Berührung, um eine spürbare Veränderung zu bewirken.
Tierische Rückmeldungen – wann Du richtig arbeitest
Achte während der Akupressur immer auf die Reaktionen Deines Hundes. Entspannung zeigt sich durch Gähnen, Lecken, Blinzeln, tieferes Atmen, ein leichtes Einsinken des Körpers oder ein Schmatzen. Manche drehen sich danach zufrieden auf die Seite oder legen sich hin.
Wenn Dein Hund dagegen den Kopf wegzieht, die Augen weit aufreißt oder den Muskel anspannt, ist das ein Zeichen, dass der Druck zu stark oder der Punkt zu intensiv ist. In diesem Fall reduziere den Druck oder wechsle zu einem anderen Bereich. Akupressur ist kein Kampf, sondern ein Miteinander. Sie funktioniert nur, wenn das Tier mitarbeiten darf.
Kontraindikationen und Vorsicht
Bitte wende Akupressur nicht bei Fieber, offenen Wunden, frischen Verletzungen, akuten Lahmheiten, neurologischen Störungen oder unmittelbar nach einer Operation an. Auch während der Trächtigkeit ist Zurückhaltung geboten – hier sollten nur beruhigende Punkte in sicherer Distanz zum Bauch genutzt werden. Wenn Du unsicher bist, halte immer Rücksprache mit einer Tierärztin oder einem Tierheilpraktiker.
Video: Therapeutische Akupressur – so arbeitest Du präzise
In meinem YouTube-Video zeige ich Dir anschaulich, wie Du Akupunkturpunkte bei Hunden präzise akkupressieren kannst – inklusive der richtigen Drucktechniken, Bewegungsrichtungen und Beobachtung des Energieflusses.
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Mehr InformationenFazit – Präzision ist Gefühl
Therapeutische Akupressur ist keine mechanische Technik, sondern eine bewusste Form der Kommunikation. Sie verlangt nicht nur anatomisches Wissen, sondern auch Empathie, Ruhe und Präsenz. Wenn Du lernst, wirklich hinzuspüren – mit Deinen Händen, Deinem Herzen und Deinem Verstand – wirst Du erstaunt sein, wie klar Tiere auf diese feinen Reize reagieren.
Es ist kein Zufall, dass viele Hunde nach einer Sitzung nicht nur körperlich entspannter sind, sondern auch seelisch gelöster wirken. Denn Berührung, die bewusst gegeben wird, erreicht Ebenen, die weit über das Physische hinausgehen.
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Tina Doxtader
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